Hieronymus und Neuronale Maschinelle Übersetzung

Der Internationale Übersetzertag, im deutschsprachigen Raum auch Hieronymustag genannt, wird jährlich am 30. September begangen, dem Todestag von Hieronymus, der im 5. Jahrhundert v. Chr das Alte und Neue Testament aus dem Hebräischen bzw. Griechischen ins gesprochene Latein übersetzte, die sog. Vulgata. Hieronymus gilt als Schutzheiliger der Übersetzer. Zum Hieronymustag 2019 hatten wir die Gelegenheit einen Vortrag von Dagmar Gromann zum Thema „Übersetzen im Zeitalter der maschinellen Übersetzung“, veranstaltet am Zentrum für Translationswissenschaft der Universität Wien am 16. Oktober, zu hören.

Schwerpunkt des Vortrags war die Neuronale Maschinelle Übersetzung (NMT), die nach semantischen und regelbasierten Ansätzen seit 2014 kontinuierlich an Bedeutung gewinnt. Wir kennen alle die menschliche, die computergestützte und die vollautomatisierte Maschinelle Übersetzung. Neu und spannend sind allerdings Ansätze wie „Maschinelle Übersetzung mit menschlicher Hilfe“, die auf der sog. „Human-in-the-loop Artificial Intelligence (HitAI)“ basieren, einem Trend der aktuellen Forschung über Künstliche Intelligenz (KI). Bei diesem Ansatz geht es um die Zuhilfenahme von menschlicher Leistung beim Training von KI-Systemen, also auch NMT-Systemen. Fabio Massimo Zanzotto von der Università degli Studi di Roma Tor Vergata nennt diesen Ansatz in seinem Artikel „Viewpoint: Human-in-the-loop Artificial Intelligence“ die „Robin Hood Artificial Intelligence“, ein Geben und Nehmen von Maschine und Mensch. Übertragen lässt sich das auf die Maschinelle Übersetzung durch die Absicht, dass bekannte Unzulänglichkeiten der Übersetzungsmaschinen im Bereich der

  • Übersetzungskompetenz,
  • interkulturellen und transkulturellen Kompetenz sowie
  • Revisionskompetenz  

vom Menschen kompensiert werden und den Übersetzer_innen die von ihnen als bedroht angesehene Existenzgrundlage zurückgeben, wenn auch natürlich Auswirkungen auf das zukünftige Arbeitsfeld der Übersetzer_innen haben. Bis die derzeitigen vielversprechenden Forschungsansätze der HitAI in der Praxis ihre Umsetzung finden, ist, wie im Vortrag genannt wurde, die Anpassungsfähigkeit der Schlüsselfaktor für den Erfolg oder Misserfolg der Arbeit mit Maschineller Übersetzung. Dieser Meinung können wir uns aus eigener Erfahrung mit Neuronaler Maschineller Übersetzung und Post-Editing voll und ganz anschliessen. Wir sind gespannt wohin die Reise geht.  

Herzlichen Dank an Frau Dr. Dagmar Gromann für das Bereitstellen ihrer Präsentation und weitergehender Literatur zum Thema.  

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